
Letzte Woche ging es grundsätzlich um den Archetypen des Tyrannen und die grausame Geburtsgeschichte von Aigisthios. Heute schauen wir uns an, was diesen König zum ultimativen Tyrannen gemacht hat.
Erster Mord: Erste Herrschaftsperiode
Palopeia zog den jungen Aigisthios heran und bemühte sich, eine liebende Mutter zu sein. Doch im Herzen trug sie keine Liebe, sondern bloß Hass. Und als der Sohn alt genug war, schickte sie ihn aus, um ihren Peiniger zu töten: Thyestes. Er war ihr Vater gewesen, hatte sie vergewaltigt und floh, als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Nun schwor sie Rache und ihr Sohn Aigisthios sollte diese Rache vollstrecken.
Aigisthios reiste also nach Mykene, wo sein Vater inzwischen König war. Er wusste nicht, dass Thyestes sein Vater war und zugleich sein Großvater. Er wusste bloß: Er sollte diesen Mann töten und den Thron besteigen. Mit Lug und List schlich er sich an den König heran. Aus dem Schatten heraus hob er das Schwert gegen den Vater, und gerade als zustoßen wollte, erblickte Thyestes das Schwer und rief aus: „Halt! Dies ist ja mein Schwert!“
So offenbarte sich die Familienbande: Der Sohn tötete den Vater nicht, sondern die beiden schlossen Frieden. Aber um den Rachedurst der Mutter zu befriedigen, kehrte Aigisthos zurück und verkündete: „Der Tyrann ist tot. Ich habe ihn mit dem Schwert erstochen.“
Eine Welle der Erlösung durchflutete Palopeia. Ihr Vater und Vergewaltiger war endlich tot. Sie atmete auf, zum ersten Mal befreit von Hass. Da fiel die Mutter dem Sohn in die Arme, schluchzte und dankte ihm für die gerechte Tat. Doch es war dieser Moment, in dem Aigisthos ihr offenbarte, dass er wusste, wer sein Vater war, und die Mutter ermordete.
Nach dieser schrecklichen Bluttat kehrte zu seinem Vater zurück und die beiden herrschten über Mykene, bis sie von Agamemnon vertrieben und ins Exil fliehen mussten.
Zweiter Mord: Zweite Herrschaftsperiode
Erst als Agamemnon in den trojanischen Krieg zog und Mykene ohne Herrscher verblieb, wagte Aigisthos einen erneuten Versuch, sich zum König aufzuschwingen. Sein Vater war inzwischen verstorben. Doch er wusste sich auch ohne ihn zu helfen: Aigisthos verführte die Frau das Agamemnon, Klytaimnestra. Was als Affäre begann, wurde über die Jahre eine offizielle Verbindung. Das Paar gefiel sich in der Herrscherrolle und begann, einen Plan zu schmieden, sollte der wahre König jemals wieder kehren.
Und als, nach zehn langen Jahren, Agamemnon tatsächlich zurückkehrte, waren Aigisthos und Klytaimenstra vorbereitet: Sie empfing ihren Gatten mit offenen Armen. Sie becircte ihn und geleitete ihn ins Bad. „Ruhe dich aus, mein Geliebter“, sagte sie zu ihm. Erschöpft von zehn Jahren Krieg und Entbehrlichkeiten glitt der König in die heiße Wanne, schloss die Augen und atmete tief durch: „Ich bin zuhause, ich habe den Krieg gewonnen, meine Frau hat auf mich gewartet; Nun wird alles gut.“, denkt er. Doch es war dieser Moment, in dem Aigisthos erschien, den Dolch erhob, und den entspannten König niederstach. Ein Blutbad – wortwörtlich.
Der zweite Mord sicherte Aigisthos für viele weitere Jahre die Macht – bis er von einem der Söhne Agamemnons ermordet wurde.
Aigisthios Weg zur Herrschaft über Mykene durchzieht eine Blutspur. Im Fokus der Tragödie standen zwar die Morde an der eigenen Familie, doch seine Grausamkeit gegenüber dem Volk stand dem in nichts nach. Er war ein geborener Tyrann.
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