Ich bin mir sicher, dass du Pygmalion kennst! Du kennst dich mit griechischer Mythologie aus! Wenn du nachdenkst, fällt es dir ein – ich habe volles Vertrauen in deine Fähigkeiten, du bist super!

Genug des Lobes

Pygmalion ist heute vor allem für den gleichnamigen psychologischen Effekt bekannt: Pygmalion-Effekt. Dieser besagt, dass sich Erwartungen, die wir an Menschen haben, so stark auf diese Menschen auswirken, dass sie sich letztlich bestätigen. Soll heißen, wenn beispielsweise eine Lehrerin erwartet, dass das blonde Mädchen schlecht in Mathe ist, wird sich diese Erwartung wahrscheinlich bestätigen. Umgekehrt genauso: Wenn die Lehrerin erwartet, dass das blonde Mädchen ein Mathe-Talent ist, wird das sich wahrscheinlich bestätigen.

Also: Hat meine positive Erwartung an dich – geneigte Leser*in – deine Leistung beeinflusst? Vielleicht. Allerdings handelt es sich dabei nicht ganz um den Pygmalion-Effekt, denn ein markantes Merkmal fehlt: Vom Pygmalion-Effekt spricht man, wenn es einen Hierarchie-Unterschied gibt. Der Lehrer hat eine Erwartung an den Schüler, die Eltern an das Kind, die Chefin an ihren Mitarbeiter. Diese Erwartungen beeinflussen die Leistung und erfüllen sich wahrscheinlich.

Mythos

Namensgeber für diesen psychologischen Effekt ist die griechische Mythen-Gestalt Pygmalion. Pygmalion war ein außerordentlich talentierter Bildhauer. Doch bei den Frauen hatte er keinen Schlag. So verblieb der Künstler lange Zeit allein und litt schwer unter dieser Einsamkeit. Schließlich formte Pygmalion seine Traumfrau als Statue. Er entwarf ein Bild seiner Erwartungen. Jenes Bild erwachte durch die Göttin der Liebe zum Leben und so erfüllten sich Pygmalions Erwartungen an die Frau.

Ganz ähnlich wie beim Pygmalion-Effekt: Die Erwartungen sind so prägend, dass sie sich schließlich erfüllen.

Auswirkungen

Die Wirkung des Effekts wurde erstmals 1971 nachgewiesen. In zahlreichen Studien zeigten die Psychologen Rosenthal und Jacobson, dass sich die Erwartungen einer Lehrer*in auf die tatsächlichen Leistungen ihrer Schüler auswirkt. Inzwischen gibt es zig Studien, die das Phänomen differenziert untersucht haben und der Pygmalion-Effekt ist wissenschaftlich anerkannt.

Insbesondere in der Pädagogik spielt das Phänomen eine wichtige Rolle: Lehrer*innen sollen unvoreingenommen bleiben und keine Stereotype oder Vorurteile bezüglich ihrer Schüler*innen haben – denn das wirke wie eine selbsterfülle Prophezeiung.

Bemerkenswert ist: Bei Pygmalion hat sich der Effekt ins positive gewendet: Er hat eine Traumfrau erwartet und bekam eine Traumfrau. Vielleicht sollten wir uns das zum Vorbild nehmen und mit positiven Erwartungen in die neue Woche starten!