
Auch in der Antike gab es Wahlkampf. Berühmt ist der demokratische Wettstreit um das Amt des Konsuls im antiken Rom – dieses höchste politische Amt war mit sehr viel Macht und Einfluss verbunden. Um es zu erlangen, musste man Wahlkampf machen.
63 v. Chr. tritt ein Mann namens Cicero für das höchste Amt im römischen Staat an: Er will Konsul werden. Cicero ist zwar beliebt bei den Bürger*innen der Stadt, aber er stammt aus einer armen Familie und wird von den Adligen als Emporkömmling abgetan. Und er ist jung! Der 42-Jährige erfüllt gerade das Mindestalter, um sich zur Wahl aufzustellen.
Um zu gewinnen, muss er den römischen Wahlkampf meistern. Kein leichtes Kunststück – zum Glück hat sein Bruder Quintus einen Wahlkampfratgeber aufgeschrieben, der bis heute überliefert ist. Aber nicht nur das Schriftwerk hat die Jahrtausende überstanden, sondern auch der Inhalt erweist sich als zeitlos und kann als Schablone dienen für den Deutschen Bundestagswahlkampf.
Hat Cicero die Wahl gewonnen? Schauen wir uns zunächst an, wie er Wahlkampf gemacht hat!
1. Dies ist Rom
Die erste Regel für einen gelungenen Wahlkampf lautet, sich immer vor Augen zu führen, wo man ist. „Dies ist Rom“ steht im Wahlkampfratgeber an erster Stelle. Diese scheinbare Banalität ist wichtig für jede*n Politiker*in. Sei es Rom, Berlin oder Wolfsburg (Wahlkampfauftritt Olaf Scholz). Je nach Ort, ändert sich Alles: Themen, Ansprache und Atmosphäre.
2. Mächtige Freunde
Des Weiteren steht im Ratgeber „handle so, dass sowohl die Zahl als auch die Stellung deiner Freunde offen sichtbar sind“. Na klar, wer mächtige Freunde hat, kann sich selbst als mächtig präsentieren. Das wusste nicht nur Cicero, sondern auch AFD-Spitzenkandidatin Weidel. Sie traf sich zum Online-Geplänkel mit dem reichsten Mann der Welt, Elon Musk. Cicero setzte ebenfalls auf reiche Sponsoren und präsentierte sich mit ihnen auf dem Forum – der Wahlkampfarena der Antike.
3. Politik ist eine Schlangengrube
Im antiken Rom gab es kein Fairness-Abkommen für den Wahlkampf, wie es die etablierten Parteien heute abgeschlossen haben. Im Gegenteil: Persönliche Angriffe standen auf der Tagesordnung. Wer trinkt zu viel, wer hurt zu viel, wer ist bankrott? Oder in den Worten von Ciceros Bruder: „Ziele bei Bedarf auf die Person. Nutze ihre charakterlichen Schwächen aus und mache sie öffentlich. Denn Politik ist eine Schlangengrube.“
Ganz so schlimm geht es im Bundeswahlkampf nicht zu, dennoch ist vom Fairness-Abkommen kurz vor der Wahl nur noch wenig zu spüren. Scholz sagt beispielsweise über Merz „Fritze Merz erzählt gern Tünkram.“. Grünen-Politikerin Piechotta sagt über Scholz, er sei ein „Arschloch“. CDU-Ministerpräsident-Günther sagt zu CSU-Ministerpräsident Söder, er solle den Mund halten und Söder sagt über Kanzlerkandidat Habeck er werde „immer linker, immer seltsamer, immer schlimmer.“
4. Hoffnung
Auch der letzte Punkt zielt nicht auf politische Inhalte, sondern auf den Charakter der Kandidat*innen. Diesmal im positiven Sinne. Cicero solle sich nicht auf Inhalte oder eine politische Agenda konzentrieren, sondern brauche vor allem: „Ein gutes Namensgedächtnis, Verstellung, Ausdauer, Großzügigkeit, Renommee, eine gute Show und damit Hoffnung für den Staat.“
Gewählt wird am Ende nicht, wer einen Plan hat, sondern Hoffnung ausstrahlt. Berechtigt oder unberechtigt – es kommt auf das Charisma an! Das haben sich offenbar auch die deutschen Politiker*innen vorgenommen. Allerdings hapert es noch an der Umsetzung.
Und Cicero? Er hat die Ratschläge seines Bruders gekonnt befolgt – und die Wahl zum Konsul im Jahr 63 v. Chr. gewonnen. Ob es dem römischen Reich mehr genützt oder geschadet hat, wissen wir nicht.
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