In der vierten Folge von Kaos tauchen wir tief in die Unterwelt ab. Gedreht wurde die triste Welt der Toten auf dem Uni-Campus in Valencia, bei strahlend blauem Himmel und im Wind wehenden Palmen. Aber die Szene wurde in schwarz-weiß gefärbt, so dass sich eine tiefe Tristesse über die Toten legt.

Auch in dieser Folge dichtet die Netflix-Serie die griechische Mythologie etwas um: Charon und Prometheus haben scheinbar eine Liebesaffäre. Darüber ist kein Mythos überliefert – aber: in der griechischen Mythologie hat es praktisch jeder mit jedem getrieben, insofern ist die Liebesbeziehung zwischen dem Titan und dem Fährmann nicht völlig absurd.

In der griechischen Mythologie ist Charon ein finsterer und grämlicher Alter. Er trägt klassische Seemannskleidung. In der Netflix-Adaption hingegen wird Charon von dem britischen Schauspieler Ramon Tikaram dargestellt, der eher jung und gutaussehend ist, aber genauso grämlich spielt, wie man sich einen Diener der Toten vorstellt.

Klassischerweise ist Charon nämlich der Fährmann, der die Toten für einen Obolus über den Fluss Styx bringt und sie damit in das Reich der Unterwelt herabrudert. Auch in der Serie müssen die Toten den Fluss Styx überqueren. Allerdings sterben so viele Menschen, dass der wackelige Kahn von Charon nicht mehr ausreicht. Stattdessen gibt es Kreuzfahrtschiffe, die im gut geölten Bürokratie-Apparat der Unterwelt stündlich hin und her fahren. So muss kein Toter lange auf die Überfahrt warten.

Aber in der vierten Folge von Kaos schwingt Charon selbst das Ruder. Jenseits des Massenbetriebs nimmt er zwei Männer mit in seinen Kahn, die noch gar nicht tot sind. Sie wollen in die Unterwelt, um ihre Lieben zu retten und wieder in die Welt der Lebenden zu bringen. Den einen kennen wir aus der Mythologie: Orpheus, der berühmte Sänger, der seine Frau und Nymphe Eurydike zurückholen will. Der andere ist ein Unbekannter, der seinen Sohn verloren hat. Obwohl der zweite Held in der Mythologie keinen Namen hat, wissen wir, dass es dergleichen Gestalten gab: Viele Menschen haben versucht, den Weg in die Unterwelt zu finden, um ihre Lieben herauszuführen. Aber es gelang nur einem einzigen.