
Deutschland liebt den Alkohol – und bechert tüchtig: Durchschnittlich konsumiert jede*r Deutsche ab 15 Jahren zehn Liter Reinalkohol im Jahr. Das entspricht 450 Flaschen Bier – oder 100 Flaschen Wein. Und während man am Bier nuckelt, wird gegen Drogen gehetzt: Beim feuchtfröhlichen Aschermittwoch der CSU prostete man sich bei Söders Ausruf zu: „Ich will für Bayern keine Drogen auf der Straße!“ Aber Alkohol ist eine gefährliche Droge. Das veranschaulicht am besten der Gott des Alkohols: Dionysos.
Dionysos‘ Schenkelgeburt
Dionysos, Gott des Weines und Wahnsinns, ist von Geburt an absurd: Sein Vater Zeus hatte es mal wieder mit einer Sterblichen getrieben. Der Schwerenöter Zeus schwängerte sie, und als Hera von dem Betrug erfuhr, ließ die eifersüchtige Göttin ihre Wut an der Frau aus. Sie stirbt, das ungeborene Kind noch in sich tragend. Zeus schneidet ihr daraufhin den Bauch auf, nimmt den Fötus heraus und näht ihn sich in den Oberschenkel. Dort – anatomisches Wunder! – wächst der Fötus heran, bis er lebensreif ist und Zeus ihn mit einem Kaiserschnitt aus seinem Oberschenkel heraus gebärt.
Diese Schenkelgeburt beschert dem kleinen Dionysos einen göttlichen Status. Obwohl er eine menschliche Mutter hatte, wurde er von einem Gott geboren – und somit selbst zum vollwertigen Gott.
Verbreitet die Kunde
Dionysos wächst heran zu einem prächtigen Knaben – goldene Locken, große Augen, ein ebenes Gesicht. Seine Schönheit wird von Künstlern gepriesen, und überall, wohin sein Weg ihn führt, fängt er die Blicke ein. So sammelt der Knabe eine Gefolgschaft. Gemeinsam wandern sie durch Griechenland und verbreiten den Traubenstock und die Weinkunst. Das Gefolge von Dionysos ist immer betrunken. Sie tanzen und singen, wanken und kotzen – es ist das reinste Oktoberfest!

Bald eilt Dionysos ein Ruf voraus: Sein Gefolge gilt als wahnsinnig, er selbst als Hexer. Deshalb verbietet Pentheus, der König von Theben, ihnen den Zutritt in sein Reich. Er möchte verhindern, dass seine Bevölkerung vom Rausch befallen wird, dass Wahnsinn statt Vernunft, dass Wollust statt Fleiß über das Land zieht. Deshalb tut Pentheus sein Möglichstes, um Dionysos aus Theben herauszuhalten. Doch ohne Erfolg.
Der Wahnsinn schlägt zu
Es sind die Frauen, die als erste in die Fänge des Gottes tappen. Ausgrechnet die Mutter von Pentheus begegnet Dionysos am Wegesrand, und angezogen von seiner knabenhaften Schönheit beginnt sie, mit ihm zu sprechen. Es entwickelt sich ein angeregtes Gespräch. Die Frau schüttet ihr Herz aus. Ihre Zunge ist gelöst, sie fühlt sich befreit von den königlichen Lasten und schenkt Dionysos ihr volles Vertrauen. Danach ist es um sie geschehen – sie schläft ihren Rausch am Wegesrand aus und schließt sich am nächsten Morgen dem Gefolge von Dionysos an.
Mit ihrer Hilfe gelangen die Trunkenbolde ins Land. Sie bringen den Wein, die Freude, den Rausch und den Kater mit sich.

Als Pentheus davon erfährt, ist er verzweifelt. Er weiß keinen anderen Ausweg, als den Gott zu leugnen. Er will ihn anklagen und ihn aus seinem Land verbannen. Also sucht Pentheus Dionysos auf und wirft ihm vor: „Du bist kein Gott, sondern ein Hexer!“ Scheinbar völlig ungerührt lächelt Dionysos sein charmantes Lächeln. Dann ruft er seiner Gefolgschaft zu: „Seht her, das ist Pentheus, der König der euch den Alkohol verbieten will!“ und das Gefolge, berauscht vom Wein und vom Wahnsinn erfüllt, fällt über Pentheus her. Der hebt verzweifelt seine Arme zum Schutz. Er erkennt seine Mutter im Gefolge des Dionysos und fleht sie an: „Mutter, ich bin es, dein Sohn! Rette mich!“ Doch seine Mutter ist blind vor Wahnsinn und führt den Rachefeldzug selbst an. Sie zerreißt Pentheus in Stücke.
Die Gefahr des Alkohols
Dionysos ist nicht immer böse. Er ist bisweilen liebenswerter Gott – gerechter als Zeus und weniger jähzornig als Hera. Nichtsdestotrotz bringt er viel Unheil mit sich.
Wenn wir also darüber streiten, ob Gras legalisiert werden sollte, sollten wir nicht vergessen, dass eine andere gefährliche Droge bereits massenhaft konsumiert wird und schaden anrichtet. Auch (oder ganz besonders) in Bayern.
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