
Diese Woche kam der türkische Staatspräsident nach Deutschland. Ein diplomatischer Drahtseilakt und ein guter Grund, den Spitzendiplomaten der antiken Mythologie unter die Lupe zu nehmen: Hermes, den Götterboten
Karacho-Diplomatie
Diese Woche kam Recep Tayyip Erdogan nach Berlin und die Aufregung war groß. Der türkische Präsident ist schon länger ein schwieriger Partner. Aber seit seinen Äußerungen über die Hamas („Freiheitskämpfer“) und Israel („Terrorstaat“) knallen deutsches und türkisches Weltenbild mit Karacho aufeinander. Um ein solches Treffen durchzustehen, braucht es gewiefte Diplomat*innen – wie den Götterboten Hermes.
Was zeichnete Hermes besonders aus und wovon können sich Politiker*innen heute eine Scheibe abschneiden?
Haben, was andere wollen

Am ersten Tag seines Lebens tötete Hermes eine Schildkröte und höhlte den Panzer aus. Er spannte Saiten aus Schafsdarm über die Löcher und erfand so die Lyra, das erste Saiteninstrument der Welt. Er spielte das Instrument virtuos und erzeugte mit seinem Klang viel Freude. Vor allem aber war die Lyra ein Objekt der Begierde. Sie war einzigartig und noch nie hatten die Götter einen so lieblichen Klang gehört.
Als Hermes einmal Mist baute und es zum Streit mit den anderen Göttern kam, konnte er seine Lyra verhandeln. Er entging einer Strafe, weil er eine gute Verhandlungsmasse hatte.
Der gewiefte Hermes erfand im Laufe seiner Diplomatenkarriere allerlei Nützliches, das andere begehrten. Zum Beispiel das Würfelspiel, das griechische Alphabet und die Sportart Boxen. Diese Kreationen bot er anderen zum Tausch an.
Lügen, bis sich die Balken biegen
Hermes war kein Musterknabe. Er stahl, hurte und log. Aber all das wurde ihm verziehen, denn er war ein Charmebolzen. Geschickt konnte er sich aus jedem Vorwurf herauswinden. Als Zeus ihn beispielsweise vorwarf, er habe 50 Rinder gestohlen, stellte sich der Knabe dumm: Er sei doch viel zu klein, um so eine Tat zu vollbringen…
Das war eine bescheidene und dreiste Lüge!
Erklären, was gemeint ist
Die Aufgabe des Götterboten bestand darin, zwischen Olymp und Erde zu vermitteln. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass es sich um zwei grundverschiedene Spezies handelte. Hermes musste die Nachrichten der Götter übersetzen, um sie den Menschen verständlich zu machen. Mit viel Verständnis und Geduld erklärte er den Menschen, was die Götter meinten.
Vom Namen Hermes stammt deshalb auch die Wissenschaft „Hermeneutik“.
Und Abflug

Neben seinen herausragenden Fähigkeiten besaß Hermes aber auch ein Werkzeug, das ihm die Diplomatenkunst erleichterte: Der Götterbote hatte geflügelte Schuhe, mit denen er schneller als das Licht reiste. Während heutige Spitzenpolitiker*innen stundenlang um die Welt jetten, war Hermes mit einem Wimpernschlag vor Ort – beneidenswert!
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