Wir feiern den Frauenfußball als fortschrittlich-moderne Errungenschaft der Neuzeit. Aber schon im antiken Griechenland gab es Sportevents für Frauen und sogar Gewinnerinnen bei den Olympischen Spielen. Welche Rechte hatten Frauen damals – und welche Ungleichheiten gibt es heute noch bei der Fußball Europameisterschaft in London?

Sport für Frauen in der Antike

Das antike Griechenland – Erfinder der Demokratie – hat sich bei Frauenrechten nicht mit Ruhm bekleckert. Grundsätzlich war Frauen die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen untersagt. Zuschauen durften nur die unverheirateten Mädchen (parthenois), während die Ehefrauen (gynikas) zu Hause bleiben mussten.

Aber es gab auch Ausnahmen: In Sparta gingen die Mädchen mit ihren männlichen Kameraden zur Schule und lernten kämpfen. Auch Platon plädierte dafür, dass Frauen im Sport unterrichtet werden sollten. So lässt er sein Sprachrohr Sokrates argumentieren:

So kommen wir wiederum auf das Frühere zurück und bekennen, es sei nicht gegen die Natur, den Weibern der Hüter Musik und Gymnastik zuzuteilen.

Platon, der Staat, 5,456

Das erste weibliche Ballspiel der Geschichte hat übrigens Homer überliefert:

Als sich Nausikaa jetzt und die Dirnen mit Speise gesättigt,

Spielten sie mit dem Ball und nahmen die Schleier vom Haupte.

Homer, Odyssee, Buch 6 Absatz 99f

Die Olympischen Spiele

Auch beim berühmtesten Sportwettkampf aller Zeiten – den olympischen Spielen – war den Frauen die Teilnahme untersagt. Trotzdem trägt die Frau Kyniska 396 und 392 v. Chr. den Sieg davon, ohne das Stadion zu betreten.

Kyniska stammt aus einer reichen Familie, ihr Vater ist König von Sparta. Sie ist ambitionierte Pferdezüchterin, und das ist ihr Weg zum Sieg: Denn bei den Pferderennen gilt nicht der Rennfahrer als Sieger, sondern der Besitzer und Züchter der Pferde. Kyniska hat Geld und Fähigkeiten, ihre Tiere laufen sie zum Sieg und bringen ihr den Titel als Olympionikin. Sie wird mit einer lebensgroßen Statue verewigt und noch Jahrhunderte später verehrt.

Ihre Statue soll mit folgender Inschrift versehen sein:

Spartas Könige waren mir Väter und Brüder; ich siegte, ich, die Kyniska, im Wagen mit stürmenden Rossen, und habe drauf dieses Bildnis erstellt. Ich rühmte mich, da ich als einzige sämtlicher griechischer Fraun solch einen Kranz mir erkämpft.

Auftakt für die Olympischen Spiele waren die Hera-Spiele, ein Wettkampf nur für Frauen: Hier rannten unverheiratete Mädchen um die Wette und wurden genauso wie die Männer bejubelt und mit Preisen gekrönt.

Europameisterschaft der Frauen

Genauso ist es bei der jetzigen Frauen-Fußball-Europameisterschaft in London: Die Frauen werden bejubelt, die Stadien sind voll. Allerdings ist der Jubel etwas leiser, und die Preise etwas kleiner.

 Frauen-FußballMänner-Fußball
Jubel Für die EM 2022 rechnet die europäische Fußball-Union mit mehr als einer halben Millionen Besucher*innen. Ein Rekord.

Ein Bundesliga-Spiel hat im Durchschnitt 800 Zuschauer*innen
Bei der EM 2016 saßen und jubelten 2,5 Millionen Menschen auf der Tribüne. (2021 hatte Corona-bedingt weniger Zuschauer)  

Ein Bundesliga-Spiel hat im Durchschnitt 21.000 Zuschauer*innen
PreiseWenn das DFB-Team die EM gewinnt, bekommt jede Spielerin 60.000 Euro.Bei der Männer-EM letzten Jahres wären es 400.000 Euro pro Kopf gewesen.

Ein Politikum

Seit dem antiken Griechenland hat sich der Sport stark verändert und insbesondere mit der jetzigen EM in Großbritannien macht der Frauenfußball einen großen Sprung nach vorne: 11 von 16 Teilnehmerländern zahlen die gleichen Prämien wie beim Männerfußball. In Ländern wie den USA, Norwegen und Spanien boomt der Frauenfußball regelrecht und auch in Deutschland werden Zuschauerrekorde erwartet.

Das freut natürlich. Gleichzeitig warnt Literaturnobelpreisträger und Fan Günter Grass:

Es wäre sicher nicht gut, wenn sich der Frauenfußball ein Beispiel nähme an dem, was im Männerfußball geschieht, also im Grunde eine moderne Form hochdotierter Sklaverei.

Günter Grass

Quellen

Berthold Seewald. 2021, 24. Juli. Trotz Startverbot – Wie Frauen imantiken Olympia siegen konnten. Welt. Abgerufen am 17.07.2022 von https://www.welt.de/geschichte/article232691401/Sport-in-der-Antike-Auch-Frauen-konnten-in-Olympia-siegen.html

Sebastian Hoffmann. 2006. Frauen und Sport im antiken Griechenland. Abgerufen am 17.07.2022 von https://www.grin.com/document/131280

Simone Egger-Krainer. 2014. Frauen im antiken Sport. Frauen als Olympionikinnen oder Gladiatorinnen. Abgerufen am17.07.2022 von https://www.grin.com/document/305364

Frauen und Sport in der Archaik und Klassik. Uni-Mannheim. Abgerufen am 17.07.2022 von https://antikersport.uni-mannheim.de/Griechenland/leben02.html

2022, 15. Juli. 248.075 Fans – EM-Rekord bereits geknackt. Sportschau. Abgerufen am 17.07.2022 von https://www.sportschau.de/fussball/frauen-em/fussball-em-england-zuschauer-rekord-100.html

2022, 07. Juli. Fußball-EM und der Gender Pay Gap. Eurotopics. Abgerufen am 17.07.2022 von https://www.eurotopics.net/de/284523/fussball-em-und-der-gender-pay-gap

Maximilian Rieger und Christian Mixa. 2022, 13. Juli. Gleiche Prämien für Nationalteams bei Frauen und Männern. Deutschlandfunk. Abgerufen am 17.07.2022 von https://www.deutschlandfunk.de/equal-pay-fussball-verbaende-dfb-100.html