
6 Milliarden Euro kamen diese Woche auf einer internationalen Geberkonferenz für die Ukraine zusammen – aber was bedeutet diese Zahl wirklich?
Geberkonferenz – Warum?
Der Bedarf für humanitäre Hilfe weltweit liegt heute bei schätzungsweise 40 Milliarden Dollar– jedes Jahr.
In den 2000er Jahren lag der Bedarf noch bei zwei Milliarden Dollar, schätzt Ralf Südhoff, Leiter eines Thinktanks für humanitäre NGOs. Obwohl wir in den letzten 20 Jahren also in Vergleichsweise friedlichen Zeiten lebten, ist die Not und Hilfsbedürftigkeit immens gestiegen: Aufgrund des Klimawandels verhungern Menschen weltweit (Jemen); Bürgerkriege (Syrien) und Terror (Afghanistan) tun ihr übriges.
Geberkonferenzen sollen die Not lindern. Sie verfolgen dabei zwei Ziele: Erstens, Geld sammeln und zweitens, Geld bündeln, um es gezielt einzusetzen.
Mehr Schein als Sein
Aber die Kritik an den Geberkonferenzen ist laut: Es handele sich um ein „großes Fake-Event“ sagt Südhoff. Die wohlhabenden Länder protzen und rufen immer größere Zahlen in den Raum. Tatsächlich werden aber Summen angekündigt, die bereits gezahlt wurden. Südhoff schätzt, dass oft nur 1/5 der angekündigten Summe tatsächlich ankommt.
2005 beschwor der damalige UN-Generalsekretär die Länder deshalb: „Kündigt nicht Milliarden an, sondern zahl lieber wirklich nur Millionen!“
6 Milliarden Eurp für die Ukraine
Auf einer internationalen Geberkonferenz in dieser Woche sind 6,2 Milliarden Euro angekündigt worden – in denen Medien heißt es: „zusammengekommen“. oder auch: „Zusagen eingebracht“
Das Geld soll den Ukrainern und Ukrainerinnen humanitäre Hilfe zusichern: Aufgrund des russischen Angriffskriegs ist die Infrastruktur des Landes teilweise zusammengebrochen: Schätzungsweise 12 Millionen Menschen brauchen dringend humanitäre Hilfe, vor allem Nahrung und medizinische Versorgung.
Wo der Schein hinfällt
Geberkonferenzen sind aber nur dann erfolgreich, wenn für ein medienwirksames Thema gesammelt wird.
Für den Jemen, wo laut UN die „größte humanitäre Katastrophe weltweit“ herrscht, kamen auf einer Geberkonferenz im März nur 1,3 Milliarden Euro zusammen. Im Jemen herrscht seit sieben Jahren Krieg. Die politische und wirtschaftliche Lage ist kollabiert. Es leiden 17,4 Millionen Menschen unter Mangelernährung. Da 1/3 der Weizen-Importe aus der Ukraine stammt, wird sich die Zahl weiter verschärfen. Die UN schätzt, dass im Juni 19 Millionen Menschen nicht genug zum Essen haben werden.
Auf einer Geberkonferenz für Afghanistan wurden im März dieses Jahr 2,4 Milliarden Dollar zugesagt. Seit der Machtübernahme durch die Taliban hat sich die humanitäre Lage in dem Land drastisch verschlechtert. Es sind schätzungsweise 23 Millionen Menschen von Hunger bedroht. 14 Millionen davon sind Kinder.
Scheinheiligkeit benennen
Geld wächst nicht an den Bäumen und es ist nicht verkehrt, wenn auch wohlhabende Länder mit ihren Spenden haushalten. Nichtsdestotrotz sollten wir die Scheinheiligkeit der Geberkonferenzen benennen: Während sich europäische Politiker*innen mit der Zahl von 6 Milliarden Euro schmücken, sollten wir nicht vergessen, dass dieses Geld anderswo fehlt.
Quellen
2022, 05. Mai. Sechs Milliarden Euro für die Ukraine. Tagesschau. Abgerufen am 08.05.2022 von https://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-geberkonferenz-103.html
2022, 05. April. UN-Geberkonferenz: Hilfe für Afghanistan nötiger als je zuvor. Save the Children. Abgerufen am 08.05.2022 von https://www.savethechildren.de/news/un-geberkonferenz-hilfen-gegen-hunger-in-afghanistan/
2022, 31. März. Hilfe in der Not: Internationale Geberkonferenz für Afghanistan. Auswärtiges Amt. Abgerufen am 08.05.2022 von https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/afghanistan-node/geberkonferenz/2520332
2022, 17. März. UN enttäusch über Geberkonferenz für Jemen. Zeit. Abgerufen am 08.05.2022 von https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-03/uno-jemen-geberkonferenz-enttaeuschung
2022, 05. Mai. Viel Geld, viel Schauspiel. HR Info. Abgerufen am 08.05.2022 von https://www.hr-inforadio.de/programm/das-thema/geberkonferenzen-viel-geld-viel-schauspiel,geberkonferenzen-100.html
seh schöner Titel !
Vielen Dank, Huschel!