Mit Chorgesang fordert der Satiriker Jan Böhmermann die Zerschlagung von Facebook. Damit steht er nicht allein, Politiker*innen auf der ganzen Welt sprechen davon, das mächtigste Soziale Netzwerk zu sprengen. Die Rote Karotte fragt: Warum? – und vor allem: Wie?

Macht(missbrauch) bei Facebook

Es gibt drei Gründe, Facebook zu schrumpfen. Abhängig vom Grund „Warum soll Facebook beschränkt werden?“, ändert sich auch die Methode „Wie soll Facebook beschränkt werden?“. Für ein besseres Verständnis hilft eine Metapher: Kuchen.

1. Ein Stück vom Kuchen

Stellen wir uns einen Kuchen vor, der nicht nur köstlich schmeckt, sondern auch jedem, der ein Stück davon isst Superkräfte verleiht. Facebook hat so einen Kuchen, und dieser Kuchen lautet: Daten. Wer die Daten hat, der hat die Macht. Er kann Studien erstellen, personifizierte Werbung schalten und die Menschen gezielt manipulieren. Der Daten-Kuchen ist unglaublich mächtig – und Facebook mümmelt den ganzen Kuchen allein auf.

Eine Forderung lautet deshalb: Gib uns ein Stück vom Kuchen ab! Die Daten sollen – anonymisiert – der Wissenschaft und Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Das ist keine Zerschlagung. Der Konzern müsste lediglich sein kostbarstes Gut mit anderen teilen. So forderte es zum Beispiel Andrea Nahles 2018, als sie ein „Daten-für-alle-Gesetz“ vorschlug.

2. Ein Kuchen der krank macht

Ein anderes Kuchen-Beispiel: Diesmal steht ein köstlicher Kuchen aus der Facebook-Backfabrik vor unserer Nase. Es ist der handgebackene Lieblingskuchen einer jeden Nutzerin. Aber: Dieser Kuchen ist extrem ungesund und Facebook weiß das auch. Der Kuchen ist praktisch vergiftet, so schildert Whistleblowerin Frances Haugen: Facebook mache krank, sagt sie.  

Die Forderung lautet also: Es braucht einen neuen Kuchen-Bäcker im Land, der nicht nur nach individuellen Wünschen bäckt, sondern auch die Gesundheit seiner Kundin im Blick hat. Es braucht, so die radikale Forderung, einen öffentlich-rechtlichen Kuchenbäcker.

3. Salz und Zucker verwechselt

Letzte Kuchen-Metapher: Stellen wir uns vor, wir alle haben Hunger und es gibt nur einen einzigen Kuchen, nämlich den Kuchen von Facebook. Wenn Facebook jetzt aus Versehen Salz anstatt Zucker benutzt, bleibt die Weltbevölkerung stundenlang hungrig. So geschehen am 4.10.221, als das Netzwerk aufgrund eines technischen Fehlers für Stunden ausfiel. Auf einmal wurde vielen Nutzer*innen bewusst, wie stark sie auf den Kommunikationskanal angewiesen sind – und wie sehr er fehlt.

Die Lösung an dieser Stelle: Es braucht mehr als einen Kuchen.

Viele Probleme und eine utopische Lösung

Der Konzern Facebook stellt also auf mehreren Ebenen ein Problem dar – und dementsprechend gibt es auch verschiedene Lösungsvorschläge. Der radikalste davon: Die Enteignung. Wie genau das funktionieren soll, weiß niemand. Ein staatliches Facebook ist sicher nicht besser: Kein Staat der Welt sollte die geballte Datenmenge von Milliarden Nutzer*innen in Händen halten.

Eine Zerschlagung – also die Auflösung des Konzerns in viele kleine Konzerne, klingt vielversprechender. Allerdings ist Facebook ein sogenanntes „Natürliches Monopol“: Es ist eine Eigenart von sozialen Netzwerken, dass Konkurrenz nicht lange am Leben bleibt: Es setzt sich ein Netzwerk durch, denn: Ein gutes Netzwerk ist ein Netzwerk, wo alle sind. Soziale Netzwerke entwickeln sich von Natur aus zu Monopolen. Wenn man Facebook zerschlagen würde, würde in kürzester Zeit ein neues Monopol daraus entstehen.

2018 forderte Habeck eine „Entflechtung der Dienste“, das heißt: Die zugekauften Dienste Instagram und WhatsApp sollten abgestoßen werden. Auch wenn sie dann weiter von einem profit-orientierten Konzern betrieben würden, wäre zumindest die Größe und damit Marktmacht von Facebook geschrumpft.

Konkrete Forderungen

Nachhaltig verändern wird sich der Konzern aber erst, wenn neue Backrezepte – pardon, Gesetze – erlassen werden, die den Kuchen regulieren. Ein paar zentrale Forderungen:

  • Ein Oldie, but goldie: Mehr Datenschutz
  • Mehr Transparenz über den Algorithmus, der uns mit immer neuen Informationen füttert. Oder, anders gesagt: Einblick in das Kuchenrezept.
  • Staatliche Richtlinien, was gelöscht werden muss und was nicht gelöscht werden darf. Sozusagen Mindeststandards fürs Backrezept nach dem Motto: Immer Schokolade, aber niemals Rosinen.
  • Interoperabilität zwischen den verschiedenen Netzwerken. Wenn man eine Nachricht von einer Web-E-Mail-Adresse an eine Google-Mail-Adresse schicken kann, dann doch bitte auch eine Nachricht von WhatsApp an Telegramm.

Quellen

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