
In einem exklusiven Interview spricht „Baum des Jahres“ Rotbuche darüber, warum sie etwas hölzern ist, was ihr der Preis bedeutet und ihre ganz persönlichen Zukunftspläne.
Frau Rotbuche, herzlichen Glückwunsch: Sie sind bereits zum zweiten Mal Baum des Jahres geworden! Wie fühlen Sie sich?
Unbeschreiblich! Als die Nachricht kam, dachte ich zuerst: Ich glaub ich steh im Wald! Ich war schon 1990 ausgezeichnet worden – und bekomme nun als erster Baum überhaupt zum zweiten Mal diese große Ehre.
Wie kam es dazu?
Drei Gründe: Erstens, ich bin die häufigste Laubbaumart Deutschlands. Zweitens: Der Preis soll auf die klimatischen Veränderungen aufmerksam machen. Die Hitzeperiode hat auch mir zu schaffen gemacht, obwohl ich eigentlich perfekt an den deutschen Lebensraum angepasst bin. 0,3 Prozent aller Rotbuchen sind 2020 gestorben. Aber, drittens, ich bin auch Hoffnungsträgerin: Junge Buchen passen sich den neuen klimatischen Verhältnissen an und werden wahrscheinlich trotz Trockenheit überleben.
Sie hatten einen schweren Start in Deutschland – bitte erzählen Sie uns von Ihrer Vergangenheit…
Ich habe vor etwa 4.000 Jahren meine Wurzeln in Mitteleuropa geschlagen und stieg schnell zum Star der Wälder auf. Aber mit der Industrie und dem immensen Bedarf an Holz brach meiner Blätterkrone ein Zacken ab: Ich wurde abgeholzt. Und als Ende des 18. Jahrhundert eine gezielte Aufforstung in Deutschland begann, wurde die Buche völlig vernachlässigt. Gepflanzt wurden vor allem Kiefern und Fichten. Eigentlich eine unnatürliche Entwicklung: Die Buche ist robuster und hätte bei einer natürlichen Waldentwicklung alle anderen in den Schatten gestellt – wortwörtlich: meine Laubkrone spendet viel Schatten und macht es anderen Bäumen im Wald so schwer.
Aber jetzt sind sie die häufigste Laubbaumart Deutschlands…?
In der Tat. Seit ungefähr 30 Jahren wird wieder vermehrt Buche gepflanzt. Ich mache heute etwa 16 Prozent des Baumbestandes in Deutschland aus. Und ich bin der Baum der Zukunft!
Wieso sind Sie der Baum der Zukunft?
Zum einen kann ich die Trockenheit besser ab. Auch mich hat die Hitze geschwächt, aber andere Bäume – vor allem die Fichte – sind viel stärker betroffen: Vier Prozent aller Fichten sind 2020 gestorben. Aber nur 0,3 Prozent aller Buchen.
Zum anderen bin ich das „Wasserwerk“ des Waldes: Wenn es im Winter regnet, fließt das Wasser schnell an mir herab und speist so den Waldboden. Einerseits, weil ich keine Nadeln habe, die das Wasser abfangen. Und andererseits, weil ich eine sehr glatte Rinde habe und dadurch einen hervorragenden Stammabfluss.
Noch einmal zurück zu Ihrem Preis – was bedeutet es eigentlich, „Baum des Jahres“ zu sein?
Nun – zunächst einmal eine Menge Aufmerksamkeit. Es werden viele Rotbuchen gepflanzt, es gibt eine eigene Fachtagung über mich und außerdem wurde ein Deutscher Baumkönig gekürt, der mich in der Öffentlichkeit repräsentiert.
Ein König?
Ja! Zum ersten Mal überhaupt ist mit Nikolaus Fröhlich ein König und keine Königin gekürt worden!
Können Sie uns noch etwas zu den Hintergründen des „Baum des Jahres“ sagen?
Der Preis wurde vom Forstbeamten und Naturschützer Silvius Wodarz ins Leben gerufen und wird seit 1989 von der Stiftung „Baum des Jahres“ verliehen. Ziel ist es, über die Eigenheiten der Bäume aufzuklären und insbesondere auf bedrohte Bäume aufmerksam zu machen.
Wie geht es jetzt weiter – wollen Sie auch Europäischer Baum des Jahres werden?
(Lacht) Na klar – der Titel passt zu meiner prächtigen Blätterkrone! Aber ernsthaft: Europäischer Baum des Jahres wird keine Baumart, sondern ein einzelnes Baumexemplar. Seit 2011 wird der Preis verliehen – und bisher hat kein einziger deutscher Baum gewonnen. Es wird also langsam Zeit und ich denke, die Buche hat viele prächtige Anwärter auf diesen Titel.
Quellen
Baum des Jahres. Wikipedia. Abgerufen am 29.10.2021 von https://de.wikipedia.org/wiki/Baum_des_Jahres
Rudolf Fenner. Die Rot-Buche. Baum des Jahres Dr. Silvius Wodarz Stiftung. Baum-des-Jahres. Abgerufen am 29.10.2021 von https://baum-des-jahres.de/baum-des-jahres/
Nikolaus Fröhlich. Der Deutsche Baumkönig 2022. Baum-des-Jahres. Abgerufen am 29.10.2021 von http://baum-des-jahres.ternum-dev.de/baumkoenigin/
2021, 28. Oktober. Rotbuche erneut zum „Baum des Jahres“ gekürt“. Berliner Morgenpost. Abgerufen am 29.10.2021 von https://www.morgenpost.de/web-wissen/article233696249/Rotbuche-erneut-zum-Baum-des-Jahres-gekuert.html
2021, 28. Oktober. Rotbuche ist Baum des Jahres 2022. Deutschlandfunk. Abgerufen am 29.10.2021 von https://www.deutschlandfunk.de/naturschutz-rotbuche-ist-baum-des-jahres-2022.2850.de.html?drn:news_id=1316308
Ron Schlesinger. 2021, 28. Oktober. „Frau Baerbock würde ich für ein falsches Signal halten“. T-online. Abgerufen am 29.10.2021 von https://www.t-online.de/heim-garten/garten/id_91043998/baum-des-jahres-2022-frau-baerbock-als-schirmherrin-waere-eine-option-gewesen-.html
Schreibe einen Kommentar